Präimplantationsdiagnostik (PID)


Bei der Präimplantationsdiagnostik, kurz PID, handelt es sich um ein Verfahren, das für zellbiologische und molekulargenetische Untersuchungen eingesetzt wird. Mithilfe dieses Verfahrens werden Embryonen, die durch In-vitro-Fertilisation erzeugt wurden, hinsichtlich ihrer zellbiologischen Eigenschaften untersucht.

Welche Bedeutung hat die PID für die In-vitro-Fertilisation?

Bei der In-vitro-Fertilisation handelt es sich um ein Verfahren der künstlichen Befruchtung. Bei diesem Verfahren mischt der Reproduktionsmediziner eine lebensfähige Eizelle in einem Reagenzglas mit zahlreichen Spermien. Auf diese Weise kommt es innerhalb des Reagenzglases zu einer spontanen Befruchtung, bei welcher sich stets die schnellsten und mobilsten Spermien durchsetzen. Der sich bereits entwickelnde Embryo wird anschließend in einem sehr frühen Stadium wieder in den weiblichen Körper eingepflanzt.

Künstliche Befruchtung
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Mithilfe der Präimplantationsdiagnostik kann dieser sich entwickelte Embryo hinsichtlich seiner genetischen Eigenschaften untersucht werden. Dies ermöglicht es, sowohl schwere Erbkrankheiten als auch Anomalien der Chromosomen frühzeitig zu erkennen. Darüber hinaus sind ebenfalls die Wahl des Geschlechts sowie die Erkennung bestimmter erblicher Eigenschaften des Kindes möglich.

Wann wird eine Präimplantationsdiagnostik durchgeführt?

Eine Präimplantationsdiagnostik wird in der Regel immer bei einer In-vitro-Fertilisation durchgeführt, wenn die Gefahr von schweren Erbkrankheiten oder einer Totgeburt besteht. Reproduktionsmediziner nutzen die PID dabei aktuell nicht nur zum Nachweis von über 200 unterschiedlichen Erbkrankheiten, sondern ebenfalls, um die Erfolgsrate der In-vitro-Fertilisation zu erhöhen.

In zahlreichen Ländern wird diese Untersuchung darüber hinaus ebenfalls durchgeführt, wenn die Eltern eines Kindes bereits vor der Geburt genaue Vorstellungen darüber haben, welches Kind sie sich wünschen. Neben einer Geschlechterselektion wird ebenfalls auch eine vorteilhafte Wahl der erblichen Eigenschaften des Kindes geachtet. So ist es möglich, neben der Haarfarbe ebenfalls die Augenfarbe sowie die Hautfarbe in festen biologischen Grenzen zu wählen.

Am häufigsten wird aktuell eine Präimplantationsdiagnostik durchgeführt, wenn das Risiko auf eine numerische Chromosomenstörung vorliegt. Das Risiko auf eine Erkrankung des Kindes mit diesem Gendefekt steigt mit zunehmendem Alter. Aus diesem Grund wird diese Untersuchung grundsätzlich bei allen unfruchtbaren Paaren in einem bereits fortgeschrittenen Alter durchgeführt. Darüber hinaus entscheidet man sich häufig für die PID, wenn bereits mehrere Fehlgeburten oder zahlreiche fehlgeschlagene Befruchtungsversuche stattgefunden haben.

Letztlich wird die Präimplantationsdiagnostik in einigen Ländern ebenfalls durchgeführt, um die Erfolgswahrscheinlichkeit der künstlichen Befruchtung zu erhöhen. Nur ein sehr kleiner Bruchteil der Samenzellen eines Mannes ist tatsächlich zur Zeugung eines Kindes geeignet. In der Regel wird deutlich mehr Ausschuss produziert als lebensfähige Samenzellen. Aus diesem Grund erreicht ein fruchtbares Menschenpaar selbst unter optimalen Umständen im besten Zeugungsalter nur in durchschnittlich jedem vierten Zyklus eine Schwangerschaft. Mehr als 80 Prozent aller befruchteten Eizellen nisten sich nicht in der Gebärmutter ein und führen dadurch nie zu einer Schwangerschaft. Die PID ermöglicht es, jene befruchteten Eizellen zu selektieren, die sich mit erhöhter Wahrscheinlichkeit auch einnisten.

Arztsuche

Welche Voraussetzungen müssen für eine PID erfüllt sein?

Eine Präimplantationsdiagnostik kann grundsätzlich nur bei einer künstlichen Befruchtung durchgeführt werden. Für eine PID eignen sich jedoch nicht alle Methoden der künstlichen Befruchtung. Lediglich jene Befruchtungsmethoden, die eine externe Befruchtung der Eizelle umfassen, können mit diesem Verfahren untersucht werden. In der Regel geht einer Präimplantationsdiagnostik stets eine In-vitro-Fertilisation voraus.

Darüber hinaus wird die PID ebenfalls Frauen angeboten, die ein erhöhtes Risiko auf die Geburt eines genetisch defekten Kindes aufweisen. Unter anderem ist dies bei fruchtbaren Frauen, die in einem Alter von über 35 Jahren schwanger werden, der Fall. Sämtliche Schwangerschaften in einem Alter von über 35 Jahren werden als Risikoschwangerschaften bezeichnet, da diese ein deutlich erhöhtes Risiko auf eine chromosomale Störung aufweisen. Unter anderem leiden Kinder aus Risikoschwangerschaften deutlich häufiger unter Trisomie 21. Deshalb wird Frauen im Alter von über 35 Jahren bei einem Kinderwunsch oft eine Präimplantationsdiagnostik angeboten.

Was beinhaltet eine Präimplantationsdiagnostik?

Aufgrund zahlreicher gesetzlicher Vorschriften sind die Möglichkeiten der Präimplantationsdiagnostik in Deutschland aktuell sehr stark begrenzt. Obwohl eine korrekte Präimplantationsdiagnostik stets eine vollständige Analyse sowie Auswertung der genetischen Daten des Embryos vorsieht, wird in Deutschland aktuell lediglich hinsichtlich der voraussichtlichen Erbkrankheiten eines Kindes untersucht. Eine Selektion hinsichtlich des Geschlechts oder anderer genetisch bedingter Eigenschaften wird in Deutschland nicht durchgeführt. Darüber hinaus beinhaltet die Präimplantationsdiagnostik in Deutschland ebenfalls keine Suche nach positiven genetischen Eigenschaften oder Anomalien.

Weshalb wird die Präimplantationsdiagnostik aktuell kritisiert?

In Deutschland sehen viele die Präimplantationsdiagnostik bereits seit ihrer Entdeckung kritisch. Diese Untersuchung gestattet es den Eltern, bereits vor der Geburt zu erfahren, welche Krankheiten und Eigenschaften ihr Kind nach der Geburt haben wird. Auf diese Weise ermöglicht die PID den Eltern, noch im letzten Augenblick von der Austragung des Kindes abzusehen. Auf diese Weise stößt diese Untersuchung eine grundsätzliche Überlegung darüber an, ob es ein Kind mit gewissen Eigenschaften und Krankheiten verdient hat, auf die Welt zu kommen.

Darüber diskutieren viele die Präimplantationsdiagnostik kontrovers, weil sie die Zucht von sogenannten „Retterkindern“ ermöglicht. Dieser Begriff bezeichnet Embryonen, die lediglich zum Zwecke einer Blutstammzellenspende herangezüchtet werden. Durch die Entnahme von Blutstammzellen immunkompatibler Embryonen lassen sich zahlreiche erbliche Krankheiten wie die Fanconi-Anämie oder die Diamond-Blackfan-Anämie wirkungsvoll heilen. Die Wahrscheinlichkeit auf eine Immunkompatibilität eines natürlich gezeugten Geschwisterkindes liegt jedoch lediglich bei 25 Prozent.

Welchen gesetzlichen Vorschriften ist sie unterworfen?

In Deutschland war die Präimplantationsdiagnostik bis zum Jahr 2010 vollständig verboten. Erst in einem Beschluss am 6. Juli 2010 gestattete der Bundesgerichtshofs die Durchführung dieser Untersuchungen unter strengen Vorschriften. Aktuell ist die Präimplantationsdiagnostik rechtlich gesehen lediglich dann erlaubt, wenn die Eltern eine genetische Veranlagung besitzen, die eine schwerwiegende Erbkrankheit oder eine Totgeburt des Kindes begünstigen. Eine schwerwiegende Erbkrankheit liegt jedoch nur dann vor, wenn diese eine besonders geringe Lebenserwartung des Kindes herbeiführt.

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Wer übernimmt die Kosten für die PID?

Bei der Präimplantationsdiagnostik handelt es sich um ein Verfahren, das in einem sehr frühen embryonalen Stadium potentielle Erbkrankheiten und andere genetische Merkmale erkennen kann. Aus diesem Grund handelt es sich bei der Präimplantationsdiagnostik nicht um eine Krankenbehandlung. Es wird nämlich keine tatsächlich vorliegende Erkrankung diagnostiziert oder behandelt. Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Präimplantationsdiagnostik weder zur Diagnose noch zur Behandlung eines lebenden sowie krankenversicherten Menschen durchgeführt wird. Aus diesem Grund sind die gesetzlichen Krankenversicherungen nicht verpflichtet, die aufgrund dieser Untersuchung entstehenden Kosten zu übernehmen oder zu bezuschussen.

Aufgrund der Komplexität dieses Verfahrens entstehen durch dessen Durchführung enorme Kosten. In der Regel erstrecken sich die Kosten einer Präimplantationsdiagnostik bei einer künstlichen Befruchtung auf durchschnittlich 20.000 Euro. Diese Summe müssen Eltern in Deutschland vollständig selbst übernehmen.